Pressemitteilungen
Aktionsnetzwerk Jena unterstützt Proteste gegen Naziaufmarsch in Weimar und lädt alle Interessierten zu einem Vorbereitungstreffen am 29.01. in Jena ein.
Der einschlägig bekannte Neonazi Michael Fischer aus Tannroda startet in diesem Jahr bereits zum vierten Mal den Versuch, die Szene der Geschichtsverdreher in Weimar zu versammeln.
Bereits seit Oktober besteht in Weimar ein breites Protestbündnis, welches für den 7. Februar verschiedene Aktionen gegen den von der lokalen Naziszene organisierten Trauermarsch vorbereitet. Der sich immer stärker offenbarende Nährboden für fremdenfeindliche, islamophobe und andere menschenverachtende Einstellungen, dürfte sie dabei beflügeln.
Genau wie das „Trauermarschkonzept“ wird nun in der schwarz-braunen Ideenschmiede ein neues „Erfolgskonzept“ offeriert. Ob die Thüringer Neonazi-Kammeraden zukünftig im Gewand von SÜGIDA auftreten oder eher umgekehrt die Patrioten die Naziszene auffrischen wird sich zeigen.
Für uns ist klar – man sollte sich vor einer pauschalen Gleichsetzung hüten – aber auch keine Hemmungen haben, auf die große Schnittmenge zwischen der Nazi- und der „GIDAisten-Szene“, grade in Thüringen hinzuweisen.
Wer bei der Vorstellung von „Wir sind das Volk“ grölenden Nazi-Patrioten unterm Ettersberg, ein flaues Gefühl bekommt sollte sich auf den Weg machen. Natürlich immer und überall, aber besonders und immer wieder wichtig, am 07.02. in Weimar.
Das Vorbereitungs-Plenum am 29.01. wird ausreichend Raum für Information und Diskussion bieten.
Wir treffen uns um 20 Uhr im Hörsaal 8 am Uni-Campus Abbe-Platz.
Zum 2. Prozesstag am 21.Juli 2014 waren wir wie angekündigt mit dem Bus nach Wien gereist, um sowohl Josef unserer Solidarität zu versichern als auch uns ein eigenes Bild von dem Prozess zu machen. Unsere Gruppe wurde mit großer Aufmerksamkeit wahrgenommen. Wir nahmen sowohl am Prozess als auch an den von den Falken (der Jugendorganisation der SPÖ) organisierten ganztägigen Solidaritätsveranstaltung vor dem Wiener Landgericht teil.
Das Interesse an diesem Prozess wächst in Wien weiter an. Ebenso wächst in Öffentlichkeit und Medien die Verwunderung über die Härte des Eingriffs in das Leben des Jenaer Studenten, der seit dem 24. Januar in Untersuchungshaft sitzt. Die Prozessführung wird hier mindestens kopfschüttelnd begleitet, wovon man sich ein gutes Bild auch durch den ausführlichen Liveticker des Wiener “Standard’s“ machen kann. Erstmalig waren auch Vertreter der deutschen Botschaft in Wien unter den Prozessbeobachtern, womit dieser Prozess nun endlich die internationale Dimension bekommt, die er verdient: Einige Gesprächspartner waren sich uns gegenüber sicher, dass bei einem Tatverdächtigen aus Österreich diese lange Untersuchungshaft keine Anwendung gefunden hätte.
Leider verdichtete sich der Eindruck, dass hier ungerührt von den tatsächlichen Gegebenheiten ein Schauprozess stattfindet, der zwar Josef trifft, aber in Richtung aller Teilnehmer an politischen Demonstrationen zielt, diese verunsichern und abschrecken soll.
Nun fiel das Urteil und bestätigte unsere große Sorge.
Wir werden aber den Kampf um Josefs Rehabilitierung – auch unter dem Eindruck unserer Reise - fortsetzen.
Sehr nötig und darum herzlich willkommen sind Spenden für die Prozesskosten, die wir an Josefs Eltern weiterleiten werden:
Aktionsnetzwerk
Kto-Nr.: 035 858 1501 IBAN: DE56 8208 0000 0358 5815 01
BLZ: 820 80 000 (Commerzbank Jena) BIC: DRESDEFF827
Spendenkonto der Roten Hilfe:
Rote Hilfe Ortsgruppe Jena
Kto-Nr.: 4007 2383 09 IBAN: DE77 4306 0967 4007 2383 09
BLZ: 430 609 67 (GLS-Bank) BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: Wien
Bei vielen Aktionen gegen Rechtsextremisum hier und anderswo war in den letzten Jahren häufig Josef dabei. Jetzt ist er nicht mehr in Jena, sondern sitzt in Wien im Gefängnis. Er wurde bei der Demonstration gegen den "Wiener Akademikerball" festgenommen.
Am 30. Juni trafen sich fast 100 Menschen in der Jenaer Rathausdiele, um sich zu informieren und gemeinsam zu überlegen, wie Beistand und Unterstützung für Josef aussehen könnten.
Dabei wurde klar, dass dieser Ball, eine jährliche Feier von rechtslastigen Burschenschaften, von den Jenaern gar nicht geduldet worden wäre.
Stellvertretend für etwa 8.000 Demonstranten werden Josef und einem weiteren Menschen Landfriedensbruch vorgeworfen. Der Prozeß erinnert den Beobachter fatal an die haarsträubenden Verhandlungen in Dresden. Dem 23-jährigen Studenten drohen bis zu 5 Jahre Haft.
Neben Briefen an Josef ist jede tatkräftige, moralische oder finanzielle Hilfe willkommen. Um ihm beizustehen, organisieren seine Unterstützer eine Busfahrt zum nächsten Prozesstag in Wien. Es sind noch Plätze frei.
Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite seiner Familie, der Soligruppe und des Aktionsnetzwerkes Jena.
Der Jenaer Preis für Zivilcourage wurde an Josef verliehen. Das Aktionsnetzwerk gratuliert dem Preisträger von Herzen.
Wir und viele Andere kennen Josef und damit seine moralische und politische Konfektionsgröße. Mutig und konsequent wurde die Entscheidung der Jury genannt. Dass sie auch auf Widerspruch treffen würde, war absehbar. Schon tauchen Stimmen auf, die von einem „Mächtigen Fehlgriff“ und einer „skandalösen Preisverleihung“ sprechen (OTZ) vom „demokratischen Abseits“ und einem „großen Fehler“ (TLZ) ist in der Lokalpresse die Rede. Hintergrund ist das laufende Verfahren gegen Josef in Wien. Bei allem Respekt für die Zweifler, die Josef nicht kennen – macht man sich die Mühe, ein wenig zu recherchieren, reicht ein gesundes Urteilungsvermögen, um die Inhaftierung Josefs kritisch in Frage zu stellen. Tatsache ist, dass man bei den Wiener Protesten gegen den rechten Akademikerball einen wegen seiner Kleidung auffälligen, also keinenfalls „vermummten“, Studenten aus Jena in der Nähe verschiedener Straftaten lokalisieren konnte. Ein Zivilbeamter der Polizei scheint ihn regelrecht als Orientierungspunkt genutzt zu haben. Dass Josef Straftaten begangen hat, wurde von niemanden gesehen, gefilmt, fotografiert oder behauptet – bis auf diesen einen Zivilbeamten der Polizei. Dessen Aussagen wurden teilweise widerlegt, werden von ihm auf Nachfrage ständig geändert und relativiert. Ein Zeuge also, der sich am ersten Verhandlungstag das Etikett „unglaubwürdig“ redlich erstritten hat. Die Untersuchungshaft, in der sich Josef seit 24. Januar 2014 befindet, ist indessen für die Führung dieses Prozesses absolut nicht notwendig. Es gibt keine Beweise zu vertuschen oder akute Gefahren für Menschen, die es durch Inhaftierung des Verdächtigen abzuwenden gilt. So ist die Frage nach dem Warum dieser Untersuchungshaft zu stellen. Eine Frage, die nicht nur seine politischen Weggefährten umtreibt, sondern jeden interessieren sollte, der für sich, seine Freunde und seine Kinder eine unvoreingenommen agierende Polizei und Justiz für wichtig hält.
Wir freuen uns sehr, dass Josef durch die Verleihung Jenaer Preises für Zivilcourage moralische und finanzielle Unterstützung für den laufenden Prozess erhält. Wir hoffen, dass dieses deutliche politische Signal auch in Wien Wirkung zeigt und Josef seinen Preis bald selbst entgegen nehmen kann.
Ein Video von der Preisverleihung gibt es bei den Filmpiraten zu sehen
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Presseerklärung des Bürgerbündnisses gegen Rechtextremismus Weimar zu den Protesten gegen den Nazi-Aufmarsch am 8. Februar in Weimar.
Das Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus Weimar zeigt sich weitestgehend zufrieden mit den Protestaktionen. „Wir konnten über den gesamten Tag hinweg ca. 600 Gegendemonstranten mobilisieren. Es wurde erreicht, dass die Nazis ihre Route nicht laufen konnten und massiv verkürzen mussten“, so Martin Raasch vom Sprecherrat des BgR. „Und das ist für sich bereits ein Erfolg!“. Gemeinsam mit vielen Engagierten, u.a. des Aktionsnetzwerkes Jena, gelang es, zwei Blockaden zu bilden und diese zu halten. Dafür bedankt sich das BgR ausdrücklich bei allen Beteiligten – vielen Studierenden der Bauhaus-Universität, der SPD Weimar für die Unterstützung am Goetheplatz, den unterstützenden Antifa-Strukturen, der LINKEN für die Mahnwache am Buchenwaldplatz und dem QueerWeg e.V. Jena und Pfarrer Hardy Rylke von der Ev. Kirchgemeinde Weimar für die Organisation der Kundgebung am August-Baudert-Platz vor dem Hauptbahnhof. Es gilt der Dank auch den OrdnerInnen und Technikverantwortlichen, den BetreuerInnen der Lautsprecherwagen und den KöchInnen der VoKü der Gerberstraße 1, die für eine kleine Verpflegung der hungrigen Protestierenden sorgte. Auch den unterstützenden Landtagsabgeordneten von DIE LINKE. und der SPD wird für ihre Unterstützung gedankt.
„Selbst mit dem Polizeieinsatz waren wir bis eine halbe Stunde vor Schluss einigermaßen zufrieden" sagte Uwe Adler vom BgR. „Es gab die gewaltsame Räumung des Blockadeversuchs auf der Ernst-Thälmann-Straße. Hier muss es auch eine Hilfestellung für Verletzte und von Strafverfolgung Betroffene geben, aber gerade die Weimarer KommunikationsbeamtInnen sowie der Einsatzleiter Herr Kirsten waren durchaus überwiegend gewillt, nicht zu eskalieren bzw. zu einer Deeskalation beizutragen.
„Aber dann verließ die Polizeieinheit BFE (Beweissicherungs- und Festnahmeenheit) Thüringen aus Erfurt offensichtlich die Linie der Weimar Polizei und eskalierte die Lage“, meint Ines Wolfram, eine der SprecherInnen des BgR. Die BFE hatte mitten aus der Menge von 400 Menschen einen Demonstranten festgenommen und ihn vor allen Augen über den Bahnhofsplatz geschleift. Torsten Zern, ebenfalls vom BgR Weimar, sagte: „Die BFE hat klar gegen das Deeskalationsgebot verstoßen. Das muss Konsequenzen haben!“
Das Deeskalationsgebot ist Teil des sogenannten Brokdorf-Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 1986. Das Urteil prägt bis heute maßgeblich das Versammlunsgrecht und legt polizeilichem Verhalten im Demonstrationsgeschehen deutliche rechtsstaatliche Regeln auf. Die Richter beschlossen damals unter anderem, dass Festnahmen aus einer Menschenmenge zu unterbleiben und erst nach ihrer Auflösung durchzuführen seien. Nur so seien u.a. das Versammlungsrecht der Mehrheit, eine Schädigung unbeteiligter Dritter und eine Eskalation zu vermeiden.
Wir distanzieren uns von dem Glasflaschenwurf, und dieses Mittel des Protestes ist nicht das unsere. Aber die Verhältnismäßigkeit in der Anwendung der Mittel durch die BFE-Einheiten ist für uns eine nicht hinnehmbare Eskalation, die außer mutmaßlich Beschuldigten alle anderen KundgebungsteilnehmerInnen als Betroffene zurücklässt.
Weiterhin wurden Journalisten von der Polizei fast eine Stunde lang gehindert, ihrer Arbeit nachzugehen und eine lückenlose Berichterstattung der Öffentlichkeit zu wahren. Den Journalisten wurde unter dem Vorwand zu provozieren der Zugang zur Nazi-Kundgebung verwehrt. Stattdessen sollten sie außer Sichtweite hinter Absperrgittern bleiben. Erst nach langer Diskussion konnte die Pressefreiheit doch noch gewahrt werden. Der polizeiliche Umgang mit Medienvertretern ist an dieser Stelle zu kritisieren und wird, so wurde uns es uns durch Sabine Berninger von der Landtagsfraktion DIE LINKE. zugesichert, im Landtag Thema werden.
Das Bürgerbündnis bittet all diejenigen, sich zu melden, die von der Polizei im Zusammenhang mit den Protesten in Weimar angegangen und/oder verletzt und/oder in ihren Rechten als JournalistInnen behindert wurden.
Ebenso werden AnwohnerInenn der betroffenen Gebiete rund um den Hauptbahnhof Weimar um Auskünfte gebeten, ob Hinweise der Polizei und/oder der Stadt Weimar in ihrem Briefkasten waren, die auf die bevorstehende Ausnahmesituation durch den Nazi-Aufmarsch hinwiesen und die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit erklärten.
Ein erstes Auswertungstreffen wird es am Dienstag, 18 Uhr, in der Volkshochschule Weimar geben.