Presse
Da staunt der Spitzel und der Spion wundert sich: Linke Protestler haben für drei Stunden das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz besetzt.
Unter dem Motto "Weggeschaut. Verharmlost. Finanziert. Verfassungsschutz endlich auflösen" haben das Aktionsnetzwerk Jena und das Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus Weimar in Erfurt demonstriert.
Die 70 TeilnehmerInnen hatten sich anlässlich der Haushaltsberatungen zuerst vor dem Landtag versammelt und die Streichung der Mittel für den Verfassungsschutz gefordert. Anschließend zogen sie zu einer Kundgebung unter dem Titel "Licht ins Dunkel bringen" vor das Verfassungsschutzamt, die sich spontan in das Foyer der Behörde verlagerte. Die Polizei sah von einer Räumung ab.
Mariana Thiele vom Aktionsnetzwerk Jena forderte "mehr Transparenz" bei der Aufklärung möglicher Versäumnisse oder gar Verstrickungen des Verfassungsschutzes im Zusammenhang mit den Morden des Thüringer Nazitrios.
Es wäre nicht hinnehmbar, dass die Ergebnisse der von Landesinnenminister Jörg Geibert (CDU) eingesetzten Untersuchungskommission zur Arbeit des Thüringer LKA und des Verfassungsschutzes wie geplant der Öffentlichkeit nur teilweise zugänglich gemacht würden.
Das Bündnis richtete sich außerdem gegen die angebliche Überwachung und Kriminalisierung zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Engagements gegen Nazis. Unterstützt wurden die Aktionen von der Linkspartei.
von Jennifer Stange
Rund 500 Jenaer haben am Freitagabend der Opfer rechtsextremer Gewalt gedacht. Mit Kerzen und weißen Rosen demonstrierten sie in der Innenstadt. Aufgerufen hatten das örtliche Aktionsnetzwerk gegen Rechtsextremismus und das Aktionsbündnis gegen Rechts.
Stadt keine Hochburg der Neonazis
Hintergrund der Demonstration ist die Entlarvung der rechtsextremen Terrorzelle. Die drei Gewalttäter hatten in den 1990er Jahren in Jena gelebt und waren in der rechtsextremen Szene der Stadt aktiv gewesen. Die Demonstranten wollten nach Angaben der Organisatoren dem Eindruck entgegentreten, Jena sei eine Hochburg des Rechtsextremismus. Sie verwiesen auf eine Vielzahl von Initaitiven in der Stadt, die sich seit Jahren gegen Rechtsextremismus engagieren.
Jenas Oberbürgermeister Albrecht Schröter hatte am Donnerstagabend in Berlin einen Preis für Zivilcourage gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus erhalten. Schröter sagte, er habe den Preis stellvertretend für die vielen Jenaer entgegengenommen, die für Toleranz und gegen rechte Ideologie aktiv seien.
180 Opfer rechter Gewalt
Die Jenaer Demonstranten verwiesen darauf, dass seit 1990 in Deutschland mindestens 180 Menschen durch rassistisch oder politisch motivierte Gewalt starben. Angehörige und Freunde berichteten über das Schicksal der Opfer.
Beitrag des ZDF heute-journals vom 17. November 2011
Die Mordserie einer Neonazi-Zelle hat Deutschland wachgerüttelt. Wie kann es sein, dass ein Neonazi-Trio unentdeckt durch Deutschland zieht und Morde begeht? Hat auch die Gesellschaft versagt?
Thüringen ist nach wie vor das einzige Bundesland ohne Landesprogramm gegen Rechtsextremismus. Dessen Einführung wurde zwar im 2009 beschlossen - doch die Verhandlungen gehen nicht voran, sondern eher zurück. Jetzt kündigen einige Bürgerbündnisse aus Protest gegen das wenig transparente und konsequente Vorgehen der offiziellen Landesprogramm-Kommission die Zusammenarbeit auf.
Von Tobias Willms
Nach wie vor ist Thüringen das einzige Bundesland ohne eigenes Landesprogramm gegen Rechtsextremismus. Auf ihrer ersten Sitzung beschloss die neue große Koalition endlich ein „Programm für Toleranz, gegen Rechtsextremismus“. Ein Jahr später verzögert sich die Erarbeitung konkreter Inhalte immer noch.
Neonazis sind eine feste Größe in Thüringen. Lange Zeit ignorierte die Politik diesen Umstand ebenso wie die Notwendigkeit, ein eigenes Landesprogramm gegen Rechtsextremismus zu erarbeiten. Nachdem die unionsgeführte Landesregierung 2009 einen Entwurf von Linken und SPD ablehnte, konnten sich die Fraktionen des neugewählten Landtags endlich auf die Erarbeitung eines Landesprogrammes verständigen.
Weiterlesen: 27.09.2010 (MUT): Thüringen: Quo Vadis Landesprogramm?