Bereits seit einigen Tagen kursierten Gerüchte. Als das Ordnungsamt den Gegendemonstranten so einfach den Hauptbahnhof überlassen wollte, war klar dass der Naziaufmarsch dort nicht stattfinden wird. Jetzt ist es offiziell: Der JLO-Aufmarsch wird am Neustädter Bahnhof beginnen. Unterdessen bleibt die Repression weiterhin auf sächsischem Niveau, während zugleich interessierte Kreise ihre Bemühungen intensivieren Horrorszenearien für den 13. Februar zu zeichnen.

Neustädter Bahnhof - Ist das euer Ernst?

Momentan wurde den Neonazis nur eine Kundgebung genehmigt. Begründet wird dies mit einem polizeilichen Notstand. Dagegen klagen jedoch die Veranstalter des europaweit größten Naziaufmarsch und ihre Chancen vor Gericht mit ihrer Position sich durchzusetzen, stehen denkbar gut. Obwohl sich Innenminister Ulbig (CDU) redlich Mühe gibt Bürgerkriegsszenearien an die Wand zu malen, ist die rechtliche Argumentation auf der Basis eines polizeilichen Notstands eher dünn. Weiterhin stellt sich die Frage, wohin die Nazis denn eigentlich vom Neustädter Bahnhof ziehen wollen. Richtung Altstadt dürfte ausgeschlossen sein, schließlich wird diese ja von der heldenmütigen Orosz (CDU) mit einer Menschenkette "verteidigt". Auch wäre es wohl nicht allzu schwierig die Brücken dichtzumachen. Richtung Neustadt? Wohl kaum. Auf so eine Idee würde noch nicht einmal das verückteste Ordnungsamt dieser Welt kommen. Damit bliebe nur noch die Hansastraße (wenig repräsentativ) und die Großenhainer Straße. In der Gesamtschau gäbe es wohl kaum einen besseren Ort für Massenblockaden als das Areal um den Neustädter Bahnhof. Da erscheint der Hauptbahnhof doch wesentlich günstiger. Und wie der Zufall so will, ist dieser dank dem Ordnungsamt zu Dresden auch längst nicht vom Tisch.

Die "unzuverlässige" Julia Bonk

Am 30. Januar, dem Tag der so genannten Machtergreifung fungierte Julia Bonk (MdL, Die Linke) als Anmelderin für ein Probesitzen. Nach einigen gerichtlichen Auseinandersetzungen hatte sie das Recht zugesprochen bekommen, sich zusammen mit anderen auf den Platz vor der Synagoge zu setzen. Die Polizei fand nichts zu beanstanden. Nun tritt jedoch das Ordnungsamt nach. Bonk sei unzuverlässig, dass haben die Erfahrung mit der Veranstaltung gezeigt, da dort doch Blockaden eingeübt worden wären, meldet die DNN (Dresdner Neueste Nachrichten) in ihrer heutigen Ausgabe. Daher soll ihr verboten werden, als Anmelderin während des 13. Februars bei Protesten aufzutreten. Angemeldet ist von ihr eine Kundgebung am Hauptbahnhof. Solche Possen sind wohl nur in Dresden möglich.

Der schlimmste 13. Februar seit 65 Jahren

Getoppt wird das unselige Ordnungsamt nur noch von der lokalen Presse, die begierig groß und breit über erwartete Krawalle berichtet. Gefüttert werden sie von Innenminister Ulbig (CDU) und Justizminister Martens (FDP). Gebetsmühlenartig wird in den letzten Wochen die Anzahl der gewaltbereiten "Chaoten" wiederholt, angekündigt man habe eine niedrige Eingreifschwelle, wie viele Gefängnis-Zellen man noch kurzfristig bereitstellen könne. Der größte Polizeieinsatz seit 1989 wird erwartet (soviel dann auch zum Mythos der friedlichen Revolution in Dresden) und irgendwie wartet man gespannt, wann denn die Meldung eintrifft man habe Leichensäcke bereitgestellt und Kühlhäuser angemietet. Wenn "Dresden-Nazifrei" zu dezentralen Aktionen und Straßenschlachten aufrufen würde, dann wäre das zum Teil noch einigermaßen nachvollziehbar. Doch in dem Bündnis sitzen neben der Antifa vor allem zivilgesellschaftliche Gruppen. Und man ruft gemeinsam zu zivilem Ungehorsam auf. Es gibt einen Aktionskonsen der klar besagt, dass von den Blockaden keine Eskalation ausgehen wird. Das aber zählt alles nichts. Man will nicht, dass das Gedenken von Extremisten vereinnahmt wird. Und so müssen sich Mitarbeiter des Rathauses melden, wann sie denn wo an der Menschenkette sein werden, auch die Schulen Dresdens wurde angeschrieben und entsprechende Forderungen an den Lehrkörper gestellt, und der Rektor der TU Dresden versucht einen geschlossenen Auftritt der TU zu erwirken, während Plakate von Konkurrenzveranstaltungen auf dem Campus unerwünscht sind. Zwanzig Jahre nach der Wende, scheinen wohl noch nicht genug gewesen zu sein. Aber vielleicht ist es einfach nur ein Zeichen von Angst, nicht vor Krawallen, sondern davor, dass es mit der Menschenkette nichts wird. Man fragt sich schon ein bisschen, wo denn die bis zu 10.000 Dresdner herkommen sollen, die sich da an die Hände fassen. Den Leuten den es immer nur um ein würdiges Gedenken ging und dafür selbst auf die Straße gingen, waren zwar schon zu viele, aber noch nicht einmal auch nur in der Nähe dieser Größenordnung. Und diejenigen die wirklich den Naziaufmarsch verhindern wollen, die gehen nicht zu der Menschenkette, sondern die werden blockieren. Und so muss bei den Blockaden Krawalle herbeigeredet und gleichzeitig für die Teilnahme an der Menschenkette geworben werden. Geradezu entlarvend der Innenminister in der DNN:

"Die Stadt gehört den Bürgern. Wir lassen es nicht zu, dass dieser Tag von Extremisten und Neonazis missbraucht wird", so Ulbig. Auch er selbst und Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) wollen teilnehmen. Niemand brauche Angst zu haben, die Polizei sei vorbereitet."

Man ist also auf der einen Seite gut vorbereitet und befindet sich andererseits vor dem polizeilichen Notstand. Die "Logik" hat nur einen Haken. Wie kann man sich eigentlich einbilden, man könne am 13. Februar die Ankündigungen in der Tat umsetzen, sprich den Nazis den Weg freiprügeln und dabei den prinzipiell friedlichen Charakter von zivilem Ungehorsam ignorieren, ohne dass dies Auswirkungen auf die PR-Show in der Altstadt hat? Sollte man in Dresden tatsächlich versuchen Krawalle zu inszenieren, um das Bündnis aus Antifa und Zivilgesellschaft in die Bredouille zu bringen, werden sich die Stadt, Frau Orosz, die Minister für Inneres und Justiz damit wahrlich keinen Gefallen tun.