Suhl - Eine Protestaktion der Flüchtlingsorganisation "The Voice Refugee Forum", in der sich Flüchtlinge selbst organisiert haben, und des Thüringer Flüchtlingsrates sorgte gestern zunächst rund um den Dianabrunnen und später vor der JVA Goldlauter für Aufsehen und ein größeres Polizeiaufgebot. Etwa 14 Aktivisten der Gruppe und eine Handvoll Sympathisanten linker Gruppierungen demonstrierten gegen die am Mittwoch vom Suhler Amtsgericht gefällte Entscheidung zur Abschiebung des 31-jährigen Kameruners Felix Otto, der seit neun Jahren in Deutschland lebt.
Otto sitzt derzeit in der JVA Goldlauter eine achtmonatige Haftstrafe wegen Verletzung der Residenzpflicht ab. Die Residenzpflicht untersagt es Asylbewerbern, sich ohne Genehmigung außerhalb des Landkreises zu bewegen, dem sie zugewiesen wurden. Als Diskriminierung und "rassistisches Apartheid-Gesetz" sehen die Aktivisten des "Voice Refugee Forums" diese Regelung. "Damit wird das elementare Menschenrecht auf freie Bewegung in eklatanter Weise verletzt", findet etwa Tawfik Lbebidy. Der aus Syrien stammende junge Mann kämpfte mit seiner Familie selbst viele Jahre um Anerkennung seines Asylantrags. Er hatte letztlich Erfolg. Die Pflicht im Heim zu leben, die oft unwürdigen Lebensumstände dort, der Einkauf mit Gutscheinen statt mit Bargeld - all das seien Diskriminierungen, die Asylbewerber in Deutschland dulden müssten. Dagegen erhebe man die Stimme. Von heute auf morgen werde man freilich daran nichts ändern. "Aber in Südafrika wurde die Apartheid auch abgeschafft." A
uf Transparenten wurde die sofortige Freilassung des Ende März an der A 4 festgenommenen Felix Otto, die Abschaffung der Residenzpflicht und der "kolonialen Apartheid" sowie ein "Stopp der Deportationen" gefordert. "Wir haben keine Wahl, aber wir haben eine Stimme", rief Forumssprecher Osaren Igbinoba den Anwesenden zu. Er war nach Suhl gekommen, um die Verhandlung gegen Felix Otto zu begleiten. Doch man verwehrte ihm den Zutritt zum Amtsgericht, da es sich um eine nichtöffentliche Verhandlung handelte. "Er wurde wie ein Schwerverbrecher in Handschellen und Fußfesseln vorgeführt, ich durfte noch nicht mal mit ihm reden", schilderte der Sprecher die "schrecklichen Erlebnisse in Suhl, die wieder einmal zeigen, dass Flüchtlinge keinerlei Rechte haben." Werde Otto nach Kamerun abgeschoben, sei er dort in Lebensgefahr, warnte Igbinoba.
Dass ihr Protest in Suhl von einem solch großen Polizeiaufgebot begleitet wurde, war selbst den erfahrenen Demonstrationsteilnehmern unverständlich. Unter anderem waren Einsatzfahrzeuge mit mehr als 30 Beamten der Bereitschaftspolizei angerückt. PI-Chef Ulrich Endter und Ordnungsamtsleiter Hermann Ritz, bei dem die Demo vergangene Woche beantragt wurde, rechtfertigten indes den Aufwand, hatten sich doch augenscheinlich auch Personen des rechten Spektrums im Umfeld des Dianabrunnens eingefunden. "Wenn es zu Störungen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gekommen wäre, wäre der Ruf nach der Polizei schnell laut geworden", sagten sie. Doch die Kundgebung am Dianabrunnen, wie auch später an der JVA, wohin die auf rund 35 Personen angewachsene Teilnehmerschar und die Polizei mit ihren Autos fuhren, blieb bis zum Ende gegen 17 Uhr bis auf kleinere verbale Meinungsverschiedenheiten zu Fotoaufnahmen zwischen Polizei und Aktivisten friedlich.