Liebe Freund_innen und Mitstreiter_innen,
vor einem Jahr erlebten wir hier einen besonders infamen Exportversuch sächsischer Verhältnisse. Mit der Überschrift Teheran, Damaskus, Minsk - Dresden in der Frankfurter Allgemeinen vom 24.Juni vergangenen Jahres sind diese schon vorher treffend beschrieben worden.
Grund war der gegen massive politische und polizeiliche Aufrüstung erstrittene Erfolg des spektrenübergreifenden, bundesweiten Bündnisses Dresden-Nazifrei, das den zur größten Naziveranstaltung Europas gewordenen Februaraufmarsch durch Dresden das zweite Mal in Folge verhindern konnte.
Dies war eine krachende Niederlage nicht nur fu?r die Nazis sondern auch fu?r all jene, die glaubten und glauben, das massive Nazi- und Rassismusproblem in unserer Gesellschaft durch Beschweigen oder „Stilles Gedenken“ zu vertuschen oder mittels einer blödsinnigen Extremismustheorie als Problem der Ränder zu verharmlosen.
Statt ihre Politik zu u?berdenken warfen die sächsischen Konservativen und Nationalliberalen die Repressionsmaschine an. Sie ignorierten jegliche Einwände gegen den noch am 19. Februar erfolgten Polizeiüberfall auf das Dresdner Haus der Begegnung ebenso wie die bundesweite Ablehnung der millionenfachen Erhebung von Mobilfunkdaten im Umfeld der antifaschistischen Aktionen von Dresden-Nazifrei.
So wurde der Polizeiübergriff auf die JG-Stadtmitte zum Höhepunkt einer alle Rechtsnormen brechenden Repressionspolitik. Das Ziel, die Unterstützer_innen von Dresden-Nazifrei einzuschüchtern oder durch ihre Repressionspolitik zu spalten haben sie gründlich verfehlt.
Im Gegenteil:
Der Überfall auf die JG und die haltlosen Unterstellungen gegenüber Lothar Ko?nig haben die Solidaritätsbewegung mit den von staatlich-sächsischer Repression Betroffenen auf ein Vielfaches verstärkt und wurden zu einem wichtigen Mobilisierungsfaktor fu?r die Kampagne Block Dresden 2012, einer Kampagne
- gegen den Naziaufmarsch,
- gegen den in Dresden und nicht nur dort verbreiteten Geschichtsrevisionismus und
- gegen staatliche Repression und U?berwachung gegenu?ber antifaschistischem Engagement.
Der Skandal um die Verstrickung staatlicher Beho?rden mit dem NSU aber vor allem die Stärke und Entschlossenheit des Bündnisses Dresden-Nazifrei und der es unterstützenden Zivilgesellschaft haben im Februar zu einem Strategiewechsel auf Seiten der sächsischen Polizeiführung gefu?hrt:
- Am 13. Februar wurden erstmals nicht die Gegendemonstrant_innen massiv behindert, sondern der Naziaufmarsch auf ein paar kla?gliche Meter im Laufgitter beschra?nkt;
- Bei der antifaschistischen Großdemonstration am 18.Februar hielt sich die Polizei auffallend zurück
Dies waren die Erfolge einer spektrenu?bergreifenden politischen Kampagne und der gut organisierten Massenblockaden und vielfa?ltigen anderen Aktionen gegen die Nazis. Diese Erfolge sollten uns besta?rken, gemeinsam weiter zu ka?mpfen:
- Die Repression gegen die an den erfolgreichen Protesten 2010 und 2011 Beteiligten geht weiter,
- Die erfolgreiche Verhinderung des Dresdner Naziaufmarsches in den letzten drei Jahren muss dauerhaft gesichert werden und
- wir brauchen nicht nur die nachholende Demokratisierung in Sachsen - das aktuelle Auffliegen des sa?chsischen Staatstrojaners zur Ausschnu?fflung sozialer Netzwerke zeigt deren Dringlichkeit wieder deutlich - sondern eine Sta?rkung von Demokratie und Solidarität in unserer gesamten Gesellschaft auch hier in Jena und in Thu?ringen.
Auch hier in Jena kennen wir den Alltagsrassismus in der Mitte der Gesellschaft, an den die alten und neuen Nazis immer wieder versuchen anzuku?pfen.
Um dem entgegenzutreten braucht es die antikapitalistische Gesellschaftsanalyse antifaschistischer Gruppen genauso wie das Wirken und Argumentieren zivilgesellschaftlicher Gruppen in die Mitte der Gesellschaft hinein. Neben der Mobilisierung zu Massenblockaden von Naziveranstaltungen sehen auch wir als Aktionsnetzwerk Jena hierin unsere Aufgabe und Daseinsberechtigung.
Wir sollten jedoch auch von Dresden-Nazifrei lernen, um endlich solche Nazifeste wie das „Rock fu?r Deutschland“ in Gera Geschichte werden zu lassen. Hierfu?r brauchen wir ein -wie Dresden-Nazifrei- spektrenübergreifendes Bündnis antifaschistischer, linker und zivilgesellschaftlicher Gruppen und Initiativen, Parteien und Gewerkschaften mit
- einer offenen und respektvollen Diskussion unserer Positionen,
- einem abgestimmten Auftreten, um Polizei und Versammlungsbeho?rden zu einer aktiven Null-Toleranz-Politik gegenu?ber den Nazis zu bringen und vor allem
- gemeinsames entschiedenes Handeln gegen die Nazis.