logoAls eine der Sprecherinnen des Jenaer Aktionsnetzwerkes gegen Rechtsextremismus werden Sie, Frau Zimmermann, im August Teilnehmerin an der Gesprächsrunde der IMAGINATA sein. Das Thema heißt: „Rechts empört“. Empören Sie die Rechten?

Luise Zimmermann: Zunächst mal denke ich über die Wortwahl des Themas nach. „Empört sein“ - das ist eher ein Begriff aus dem Zeitalter der Empfindsamkeit; er beschreibt mehr ein Gefühl, keine Tätigkeit. Insofern gibt er tatsächlich eine weitverbreitete Einstellung gegenüber der extremen  Rechten wieder: man empört sich über die Nazis und ihre Parolen, man ist entrüstet angesichts ihrer öffentlichen Aufmärsche, vielleicht sogar wütend, wenn Menschen gejagt oder umgebracht werden – und dann vergisst man's wieder. Empörung und Entrüstung allein sind noch keine politischen Aktionen. Andererseits wissen wir aus eigener Erfahrung, Empörung und Entrüstung sind der Stoff, aus dem Widerspruch und Widerstand gegen Neonazis entstehen kann.

Was ist das besondere Problem der extremen Rechten und wie gehen Sie damit um?

Luise Zimmermann: Der Versuch, nationalsozialistische Ideen und Politikvorstellungen wiederzuerwecken, ist ein direkter Angriff auf unser menschliches Zusammenleben. Die Abwehr dieser Bedrohung ist zu wichtig, als daß man sie allein der Polizei und der Justiz überlassen könnte.

Es reicht nicht, in dieser elementaren Frage zu sagen: da soll sich mal die Polizei drum kümmern, da bin ich nicht zuständig. Wir können uns nicht auf den Repressionsapparat des Staates verlassen, Konstantin Wecker hat gerade sehr passend gesagt „Antifaschismus machen wir am besten selber.“. Unsere Schlussfolgerung ist: Wir selbst sind zuständig für die Gesellschaft, in der wir leben. Wir können etwas ausrichten gegen „empörende“ Zustände. Es widerspricht gegenwärtig gültigen Gesetzen, Naziveranstaltungen  zu verhindern, indem man öffentliche Straßen blockiert, aber es ist wirkungsvoll und absolut legitim, sie daran zu hindern, ihre menschenverachtenden Ideen zu verbreiten und sich selbst öffentlich zu feien.

Wenn viele Menschen gemeinsam, entschlossen und solidarisch Nazis den öffentlichen Raum zu entziehen und darin solchen Erfolg haben wie hier in Jena, erleben sie, daß aus der Empörung, die ja immer gegen etwas gerichtet ist, eine politische Haltung entsteht, die auch positiv beschreiben kann, wofür sie eintritt: für die politische Mündigkeit der Bürger; für die Teilhabe an den Entscheidungen, die sie selbst betreffen; dafür, Minderheiten in Schutz zu nehmen vor Diskriminierung und Ausgrenzung . . . Da entwickelt sich ein demokratischer „Mehrwert“, der über das hinausreicht, was Empörung und Entrüstung üblicherweise leisten. So ist das Anliegen des Aktionsnetzwerks grob beschrieben.

Die Arbeit des Netzwerks ist vielfältig, einzelne Kreise bearbeiten so verschiedene Themen wie Lokalgeschichte (AK Sprechende Vergangenheit) oder den Schul- und Jugendbereich (Schüler- Lehrer- Netz) Wichtig sind konkrete Trainings, denn die Blockade eines Naziaufmarsches gelingt natürlich nicht zufällig. Da sollten die meisten Leute schon wissen, wie Bezugsgruppen funktionieren und wie man auf der Straße sitzend in kurzer Zeit zu Entscheidungen kommt, die alle mittragen können.

Ich lade jeden ein zu den nächsten Netzwerkplenen am 18. August und am 9. September , jeweils um 20 Uhr im Hörsaal 8 im Uni-Campus. Aktuelle Informationen gibt es immer auf unserer Homepage www.aktionsnetzwerk.de

Es fragte Joachim Hennig für www.notausgang-jena.de